EMIL HOCHREITER

1871–1938

Im ersten Jahr des Großen Kriegs vor einem Jahrhundert bereiteten die Wiener Komponisten ein Konzert vor, mit dem sie auf die Tatsache aufmerksam machten, dass der Krieg keine Zeit des Triumphes ist, sondern des Sterbens. Unter ihnen war auch Emil Hochreiter, der Sohn eines böhmischen Deutschen, der von Beruf Geometer war. Seine Mutter war Slowenin und stammte aus der Familie des Steuerbeamten Tabouret aus Novo mesto, bei dem Emil Hochreiter bis zu seinem Abiturabschluss 1892 lebte. Das Konzert ist noch nicht in Vergessenheit geraten, denn es wurde dieses Jahr im Sommer anlässlich des Gedenkens zum 100. Jubiläum des Ersten Weltkriegs zweimal wiederholt – auf dem Festival in Gmunden unter dem Titel „Im Epizentrum des Zusammenbruchs“ und in der New Yorker Carnegie Hall unter dem Titel „Music in Vienna during the Great War“. Hochreiters Kriegslieder waren ein genauso wichtiger Teil des Konzertprogramms wie die Werke von u. a. Stolz, Benatzky, Lehar und Schönbergs Militärparodie „Die eiserne Brigade“.

Emil Hochreiter (1871–1938) ist hierzulande eher ein in Vergessenheit geratener als bekannter Komponist, obwohl der Verlag Družina vor Jahren ein Sammelband mit Abhandlungen über sein Leben und Werk veröffentlichte. Er lebte in Wien und wurde dort auch bestattet. Dies ist jedoch nicht entscheidend für unsere Beziehung zu diesem wichtigen Schöpfer. Für Rudolf Wagner z. B. wurde in Maribor, im Stadtteil Pobrežje, ein schönes Denkmal errichtet, trotzdem ist nur wenigen bekannt, dass er ein ganzes halbes Jahrhundert das Musikleben der Stadt bereicherte. Beide werden in Enzyklopädien öfter als deutsche bzw. österreichische Komponisten bezeichnet. Slowenien verzichtet somit ohne Überlegung auf zwei bedeutende Schöpfer, als hätten wir diese im Überfluss und könnten sie beliebig verschenken, nach einer simplen, aber falschen Rechnung „je weniger bleiben, desto größerer Teil des Ruhms wird den Ausgewählten zuteil“. Haben wir denn nicht auch gegenüber Schöpfern anderer Nationalitäten, die ebenso die nationale kulturelle Schatzkammer füllten, eine gewisse Verantwortung? Dieser Meinung ist auch Hugolin Sattner gewesen, als er zum 50. Jubiläum des Komponisten schrieb: „Weil Hochreiter dem slowenischen Volk schon viele schöne Lieder schenkte, betrachten wir ihn mit Stolz auch als unseren Komponisten.“

Die musikalische Begabung Emil Hochreiters wurde am Gymnasium in Novo mesto beim Gesangunterricht von Hugolin Sattner entdeckt. Im Schulorchester wurde Viktor Parma auf ihn aufmerksam. In Wien studierte Hochreiter Jura und bei Julij Böhm Orgel und Kontrapunkt. Er war ein hervorragend gebildeter Komponist, wovon auch ein seltener Fall zeugt: Sein Lehrer Hugolin Sattner bildete sich später, als er sich für das Komponieren aufwendiger Oratorien entschied, bei ihm weiter – er wählte zwischen Hochreiter, Kogoj und Osterc.

Als Musiker mit einem Staatsexamen in Gesang, Orgel, Klavier und Violine unterrichtete er zuerst am Jesuitengymnasium in Kalksburg. Nach der Promotion an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät bekam er eine Stelle bei der Wiener Staatsvertretung, wo ihm der Ehrentitel des Regierungsrates verliehen wurde. Seine Ehegattin lernte er in Ratibor in Schlesien kennen. Das Ehepaar hatte vier Kinder und die älteste Tochter wurde eine bekannte Violinistin und Virtuosin.

Alle seine Werke wurden von der strengen Wiener Kritik gelobt. An der Jahrhundertwende besaß er den gleichen Stellenwert wie andere Komponisten der späten Romantik. Sattner berichtete 1921 begeistert aus Wien: „Hochreiter ist ein besonderes Phänomen am musikalischen Himmel!“

Franci Pivec

IMPRESSUM:

E-Mail: steiermark.stajerska@gmail.com
Redakteur: Jan Schaller
Ein Unabhängiges Autorenprojekt des
Kulturvereines deutschsprachiger Frauen »Brücken«
Marburg an der Drau/ Maribor

Die Beiträge der Autoren und Autorinnen der Webseite Steiermark-Stajerska müssen nicht der offizielle Meinung des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten entsprechen.

SPONSOR:

© 2022. Alle Rechte vorbehalten

Priloga-3