Buch: GRAD CMUREK/ Burg Obermureck,

Luftaufnahme der Burg Obermureck, von der Westseite, Buchseite 11

Der Autor, Dr. Igor Sapač, Architekt, Kunsthistoriker, außerordentlicher Professor an der Universität Maribor, ist ein anerkannter Experte für Schlossarchitektur. Das Buch über die Burg Obermureck ist ein populärwissenschaftliches Werk über das Kunsterbe im slowenischen Raum.

        Die Burg Obermureck ist eine der ältesten erhaltenen mittelalterlichen Burgen Sloweniens, auch dank der gründlichen Recherchen des Autors, und stellt mit ihrer strategischen Lage auf einem Felsvorsprung oberhalb des Flusses Mur, wo seit 1919 die Staatsgrenze verläuft, ein einzigartiges Kulturdenkmal in der breiteren Umgebung dar. Die Burg Obermureck wurde von Burkhard und seiner Frau Judit um 1140 als Mittelpunkt eines Landgutes erbaut, die weitläufige Burganlage weist noch heute die erkennbare hochmittelalterliche Architektur auf.    

    Bei den Umgestaltungen der Burg zu einem Renaissance-Adelssitz der Familie Stubenberg ragt der monumentale Arkadeninnenhof hervor, der die einst reich ausgestatteten Räume mit den Gängen in den oberen Stockwerken verbindet. Jahrhundertelang war das Schloss untrennbar mit seiner unmittelbaren Umgebung verbunden, doch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es infolge der Verstaatlichung zu einer geschlossenen sozialen Einrichtung, die im Volksmund als “Irrenhaus” bezeichnet wurde. Dank der Bemühungen Einzelner wurde sie in den letzten zehn Jahren zu einem erkennbaren Zentrum des Zusammenlebens an der Grenze und zu einem anregenden Umfeld für ein neues Nachdenken darüber, wie das kulturelle Erbe auf lokaler Ebene mit Leben erfüllt werden kann. (Vorwort von Gorazd Bence)

       In dem Buch schreibt der Autor auf Seite 110 über die Geschichte des Schlosses: Während des Ersten Weltkrieges beherbergte das Schloss österreichisch-ungarische Soldaten, und zwischen 1916 und 1918 dienten die Räume des Schlosses nach örtlichen Angaben als Genesungsheim für Soldaten, die von der Front zurückkehrten. Nach der Auflösung der Monarchie wurde Mureck von jugoslawischen Truppen besetzt, und das Schloss gelangte in das Gebiet des SHS-Staates. Mit der neuen Staatsgrenze entlang der Mur wurde die Burg von ihrer Siedlung Mureck abgeschnitten, mit der die Burg seit dem 13. Jahrhundert untrennbar verbunden war. Im Jahr 1919 wurden in der Burg jugoslawische Soldaten untergebracht, ebenso auch bis 1925 das Postamt und die Postbediensteten. In den Jahren 1918 und 1919 hatten auf der Burg die neuen Königsreich Soldaten wegen der Grenzstreitigkeiten Maschinengewehre immer bereit, um das Gebiet auf der anderen Seite der Mur zu kontrollieren.

      Das neue königliche Jugoslawien begünstigte den österreichischen Adel nicht und die Erhaltung der Burgen in dem neuen Land wurde immer schwieriger. Mit der Agrarreform und mit der Wirtschaftskrise verloren die Schlösser in den neuen Ländern für den österreichischen Adel ihre wirtschaftliche Grundlage, und es folgten viele Verkäufe von Grundstücken sowie der Verkauf der kulturhistorischen Ausstattung der Schlösser. Ein ähnliches Schicksal erlitt auch Schloss Obermureck. Wolfgang XX. Graf Stubenberg (1857-1896), der das Anwesen geerbt hatte, war nur wenige Monate Eigentümer, da er 1896 starb. Nach ihm erbte sein Sohn Josef Maria Eduard Graf Stubenberg (1887-1944), der erst neun Jahre alt war, Schloss Obermureck, Schloss Gutenberg und den übrigen Besitz.

    Josef Stubenberg nutzte Schloss Obermureck nicht als Wohnsitz, mit der neuen Staatsgrenze verlor das Schloss seine wirtschaftliche Bedeutung, so dass er im Jahr 1931 sein Eigentum am rechten Ufer der Mur verkaufte und die wichtigsten Einrichtungsgegenstände in sein Schloss Gutenberg bei Weiz brachte, wo er wohnte. Interessanterweise ließ Josef Stubenberg das Schloss Gutenberg um 1912 renovieren.
Am 2. September 1931 hat Josef Stubenberg das weitgehend leerstehende Schloss Obermureck mit einem Teil der dazugehörigen Grundstücke, Nebengebäuden, einen Steinbruch an der Kurve der Hauptstraße und das Gebiet Einsiedlerberg an Anton Mally (1873-1961) und seine Frau Matilda geb. Pahernik (1877-1968) verkauft, die Grundbesitzer in Obermureck waren. Anton Mally, oder Mali, war in Rimske Toplice/Römerbad Töplitz bei Laško/Tüffern geboren, aber bereits vor 1904 und bis 1931 Stubenbergs Schlossverwalter in Obermureck und um 1935 auch Bürgermeister von Velka/Wölling. Seine Frau wurde in Vuhred/Wuchern geboren und war Gastwirtin.

     Das Ehepaar hielt das Schloss regelmäßig instand und nutzte die Räumlichkeiten für den Eigenbedarf, teilweise vermietete sie auch. Neben den Wohnräumen der Familie Mally beherbergte das Schloss ein Jahrzehnt lang auch Zimmer für Kurgäste und ein Gästehaus. Zwischen 1933 und 1937 war in der Burg auch die Praxis des Arztes Sergei Kapralov, der mit seiner Familie im zweiten Stock wohnte und im ersten Stock als Arzt praktizierte. Einige der Räume wurden auch von der jugoslawischen Gendarmerie genutzt.

       Die Familie Mally brachte die Burg zu einem beliebten Ausflugsziel, und im malerischen Arkadeninnenhof fanden häufig gesellschaftliche Veranstaltungen statt. Um 1930 wurden die leeren Innenräume renoviert und teilweise mit neuen Möbeln ausgestattet. Damals wurden im ersten und zweiten Stock des Nordflügels neue große zweiflügelige Türen eingebaut, die bis heute erhalten geblieben sind. Südlich des Schlosses, auf der anderen Straßenseite, wurde eine große Apfelplantage angelegt, die bis zur Bäckerei reichte.

     Das neue Leben der Burg Obermureck als Mehrzweckgebäude für Wohnen, Handel, Unterhaltung und Erholung wurde durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Am Sonntag, dem 6. April 1941, gegen 5 Uhr morgens, griffen deutsche Truppen unangekündigt und blitzschnell die Brücke über die Mur unterhalb des Schlosses an, und gegen 7 Uhr morgens besetzten deutsche Soldaten auch schon die Burg. Schon einige Tage vor dem Angriff hatten sich die Bewohner in Gebäuden entlang der Murbrücke aus Angst vor einer Sprengung der Brücke in die Burg geflüchtet. Unmittelbar nach der Einnahme der Burg trieben die deutschen Soldaten diese Menschen auf den Mureck-Hauptplatz zusammen. Die Burg wurde zuerst provisorisches Quartier für die deutsche geheime Staatspolizei, die sogenannte Gestapo. Das Schloss wurde anschließend bis 1945 von der deutschen Gendarmerie genutzt und war auch Sitz der neu gebildeten Gemeinde Rosshof/Konjišče auf dem Abstallerfeld. Die Burg, die im Besitz der Familie Mally blieb, erhielt während der Besatzungszeit noch eine zusätzliche Funktion, als dort die Hauptschule für Buben mit Internat in Obermureck eingerichtet wurde.

     Um den Bedürfnissen des Internats gerecht zu werden, wurde die Burg teilweise mit neuen Kaminöfen und Möbeln ausgestattet, die Räume neu ausgemalt, die Elektrifizierung erneuert, die Küche renoviert, Klassenräume, Schlafsäle und eine Bibliothek eingerichtet. Teile der Burg wurden mit Beton saniert. Gegen Ende des Krieges, als das Internat seinen Betrieb einstellte, wurde in der Burg eine deutsche Militärsanitätsstation, sogenannter Hauptverbandsplatz eingerichtet, um verwundete und kranke Soldaten medizinisch zu versorgen. Die Burg Obermureck entging dem Schicksal der Burg Wurmberg, die durch alliierte Bomben zerstört wurde.

     Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die neuen jugoslawischen Behörden die Burg Obermureck und den ganzen Besitz der Familie Mally und erklärten alles zum Volkseigentum. Einige Tage vorher, am 13. Januar 1946, wurde die Familie Mally – die Eltern Anton und Matilda und ihre vier Kinder Franz, Greta und Marta sowie Maks und seine Frau Adelheid und die Töchter Karin und Maria – nach Österreich deportiert. Die Eltern Mally lebten dann bis zu ihrem Tod in einer Einzimmerwohnung im Mureck-Markt auf der österreichischen Seite. Ihr Eigentum in der Burg und die Burg selbst wurden beschlagnahmt und die Burg wurde fast vollständig ausgeräumt.

    Danach wurde die Burg Obermureck von jugoslawischen Soldaten besetzt, die die Staatsgrenze bewachten. Bis 1947 wurde die Burg von Konrad Kauran verwaltet. Bereits 1948 gab es Pläne, die Burg in ein Behindertenheim umzuwandeln. Im Oktober 1949 wurde provisorisch umgebaut und das Behindertenheim Trate eröffnet, in dem 130 bis 150 Personen untergebracht wurden, die aus dem nahe gelegenen Gut Črnci/Schloss Freudenau in Schirmdorf in Abstallfeld verlegt worden.

     Nach 1950 wurden in der Burg immer mehr Renovierungs- und Bauarbeiten durchgeführt, und zu dieser Zeit wurde auf dem Dachboden verstecktes Archivmaterial des Landgutes Burg Obermureck entdeckt, das Anton Mally wahrscheinlich aus Sorge um sein Schicksal dort versteckt hatte. Die Materialien von 1736 und 1915 wurden in das Regionalarchiv Maribor gebracht, wo es in 72 Archivboxen und drei Büchern aufbewahrt wird.

Autor Textes ist Dr. Igor Sapač, Fotos stammen aus dem Buch Grad Cmurek; Ljubljana 2023

Mehr erfahren Sie in dem slowenischen Buch Grad Cmurek/Burg Obermureck von Dr. Igor Sapač. Das Buch wurde in der Sammlung Umetnine v žepu/Art als Taschenbuch im Jahr 2023 veröffentlicht, es umfasst 133 Seiten mit zahlreichen historischen Bildern. Der Preis des Buches in Slowenien beträgt 12,00 €.

Ansicht auf die Nordseite des Innenhofes der Burg, auf einer Postkarte um 1910, Buchseite 25
Burg Obermureck, damals Muregg genannt, in der ersten bekannten Zeichnung von Merian, um 1650, Buchseite 75
Burg Obermureck, um 1830 als Schloss Ober-Mureck, herausgegeben vom Verleger Joseph Franz Kaiser in Graz, als Teil der Serie “Alte Kaiser’s Suite”, Buchseite 81
Burg Obermureck mit der Brücke über die Mur und dem Schlossgasthof in der kolorierten Darstellung von Reichert aus dem Jahr 1864, Buchseite 85
Postkarte um Jahr 1910, Burg Obermureck mit der neuen Eisenbrücke über die Mur, Buchseite 111

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