Familie Fürst in fünf Generationen

Fürst Haus in Zentrum von Pettau/Ptuj in der damaligen Florianigasse, heute Krempljeva 1

Die Heurige Herbstfahrt der Landmannschaft der Deutsch-Untersteirer in die Untersteiermark wurde den Orten Pettau/Ptuj und Friedau/Ormož gewidmet. Wie schon üblich wurden auch die Mitglieder des Kulturvereins deutschsprachige Frauen Brücken aus Marburg an der Drau auf die Fahrt eingeladen.

      Schon vor mehr als einem Monat wurde in Zentrum von Pettau die Ausstellung „Familie Fürst – Pettauer Bürger und Weingroßhändler in fünf Generationen“ eröffnet und das in ihrem Haus in der damaligen Florianigasse, heute Krempljeva 1, also eine Ausstellung im Original Fürst-Haus, wo diese Generationen auch selbst gelebt haben. Das wollten wir uns natürlich auch in Ruhe anschauen.

      Am Sonntag, den 16. Oktober 2022 um 10 Uhr hat vor dem Fürsthaus in Zentrum von Pettau schon Mag. Gerhart Conrad Fürst auf uns gewartet und uns in den 1. Stock eingeladen, wo die Ausstellung stattfindet. Ja, das war eine besondere Besichtigung der Ausstellung, weil uns Frau und Herr Fürst mit ihrem Wein begrüßt haben. Mit Gläsern in der Hand hat uns Gerhart Conrad Fürst zuerst kurz die Geschichte der Familie Fürst in Pettau erklärt, wo die Familie (mit Ihren Weinbergen im nahe gelegen Jeruzalem) sehr wichtige Weingroßhändler waren und jetzt, wo sie ihren Besitz wieder zurückbekommen haben, mit Sorgfalt ihre Weinmarke wieder aufbauen.

      Dr. Dejan Zadravec vom Historischen Archiv in Ptuj, der Autor der Ausstellung, gab uns eine kurze Erklärung über das gesammelte Archivmaterial, über die Vorbereitung der Ausstellung und über das zweisprachige Buch der Familie Fürst, das gleichzeitig mit der Ausstellung erschienen ist.

      In den Räumen, wo die Generationen der Familie Fürst gelebt haben, sind wir durch ihre Geschichte gewandert.

         Im Zeitraum von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war die Familie Fürst zweifellos die einflussreichste aller Händlerfamilien in Pettau/Ptuj. Der Begründer des hiesigen Familienzweiges, Ernst I. Fürst (1793-1875), zog zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Lebzeltergeselle aus dem nahegelegenen steirischen Weiz nach Pettau/Ptuj und zeigte bald, dass er über eine starke unternehmerische Ader verfügte. Nachdem er einige Jahre lang erfolgreich die Lebzelterei gemeinsam mit seiner Schwiegermutter Therese Wibmer geführt hatte, beschritt er ab 1825 seinen eigenen unternehmerischen Weg und ergänzte den Verkauf von Honig und Wachsprodukten durch den Verkauf von Salz und Wein, und die Überschüsse seines hart verdienten Geldes nutzte er, um Immobilien zu erwerben oder Kredite zu vergeben. Ähnlich tat es ihm auch sein Sohn Conrad I. (1821-1883) nach. Er richtete jedoch die breitgefächerten wirtschaftlichen Tätigkeiten seiner Familie zunehmend in Richtung Weingroßhandel aus, denn an Wein mangelte es in der Region nicht und zudem genoss er einen ausgezeichneten Ruf. Den Übergang schloss schließlich dessen Sohn gleichen Namens, Dr. Conrad II. (1852-1922) ab, der den Kundenstock stark vergrößern konnte, Zweigstellen im ungarischen Wieland/Villány in Graz und Wien etablierte, Weingüter in Kollos/Haloze und in den Windischen Büheln/Slovenske gorice erwarb, um eigenen Wein herstellen zu können, den Weinkeller erweiterte und modernisierte und zum Zeitpunkt seines Todes 1922 seinen vier Söhnen ein „weltbekanntes Unternehmen, das bereits vor dem Krieg als einer der reichsten Handelshäuser in der ehemaligen Österreichisch-Ungarischen Monarchie galt“ übergab. Einige Familienmitglieder nutzten ihren Einfluss und gestalteten in wichtigen Funktionen der Stadtverwaltung die Entwicklung der Stadt mit.

      Die Gegenwart der Familie Fürst in Pettau/Ptuj fiel gewissermaßen auch mit der Entwicklung eines Nationalbewusstseins zusammen, welches in der Gegend mit einer reichen deutschsprachigen und einer armen slowenisch-sprachigen Bevölkerung von Jahr zu Jahr für größere Spannungen und Feindseligkeiten sorgte. Die Familie Fürst hat ihre deutsche Abstammung niemals versteckt, doch sie habt sie auch nie in einem negativen Sinne betont.

      Nach dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und der Gründung des ihnen national fremden Königreiches SHS im Jahr 1918 haben sie ihr Pettau/Ptuj nicht verlassen. Doch hatte das dennoch Folgen für die Geschäftstätigkeit des Weingroßhandels, der jetzt Konrad Fürst & sinovi hieß, weil nun einige gut etablierte Verkaufswege unterbrochen wurden. Conrad III. konnte sich aber mit der neuentstandenen Situation arrangieren und konzentrierte sich mehr auf den Binnenhandel als auf den Export. Hatten die Mitglieder der Familie Fürst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges noch die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie bleiben oder nicht, gab es eine solche Entscheidung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Machtübernahme durch die Kommunisten nicht. Ihre deutsche Abstammung war bereits Grund genug, im Zuge des Rachefeldes der vier Jahre unterdrückten Slowenen entweder mit dem Leben zu bezahlen oder für viele Jahre im Gefängnis zu landen, enteignet wurden und ihr gesamtes Vermögen verstaatlicht wurde. Sie riskierten es nicht, ihr Leben zu lassen, sondern verließen das Land kurz vor Kriegsende, verloren ihr gesamtes Vermögen und auch ihr Unternehmen wurde eingestellt. Doch ihre Pettauer Geschichte endete nicht an dieser Stelle. Denn der Jüngste, der 1919 geborene Walter, Sohn von Conrad III., erhielt im Zuge des Denationalisierungsprozesses zu Beginn des 21. Jahrhunderts das Familienhaus (Fürst-Haus) in der Florianigasse, jetzt Krempljeva, und die Weingüter in Jeruzalem zurück, wo er mit seinem Sohn Mag. Gerhart Conrad und seinem Enkel Jakob Conrad ein neues Kapitel der langen, reichen und interessanten Geschichte dieser wichtigen Pettauer/Ptujska Familie eröffnete.

      Das Stammhaus der Familie Fürst im Zentrum des heutigen Ptuj wurde nach der Denationalisierung in einen Inkubator für junge Start-ups und Kunstschaffende mit Ausstellungsräumen umgestaltet. „Unser Fürst-Haus ist seit 2013 ein Impuls für Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Unsere Familie war immer Mäzen und Unterstützer für Entwicklung und besseres Leben, auch heute“, fügte Mag. Gerhart Conrad Fürst am Ende noch hinzu.

      Da uns diese interessante Ausstellung und die illustrierte Geschichte der Familie Fürst länger als geplant angezogen hat, wurde die Besichtigung der Altstadt von Pettau/Ptuj gestrichen, da wir an diesem Tag noch andere interessante Besichtigungen geplant hatten.

       Wir haben aber schon jetzt für den nächsten Herbst geplant, dass wir die Altstadt von Pettau, das Schloss Pettau, und die Geschichte der Grafen von Herberstein besuchen werden.

        Wenn Sie die Ausstellung der Familie Fürst in Pettau/Ptuj selbst besichtigen möchten – sie ist täglich von 9.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
        Beim Besuch der Ausstellung können Sie auch ein illustriertes zweisprachiges Buch mit vielen Fotos über die fünf Generationen der Familie Fürst bekommen und beim Ausgang noch deren bekannte Flaschenweine bestellen (mehr dazu unter www.conrad-fuerst.si).

STAMMBAUM DER FAMILIE FÜRST

      Die Geschichte der Pettauer Familie Fürst beginnt mit Ernst I. Fürst (1793-1875), der 1793 als Sohn des Lebzelters Anton Fürst und Maria Anna Grabner in der steirischen Marktgemeinde Weiz geboren wurde. Er kam 1810 nach Pettau/Ptuj, wo er als Geselle beim bekannten Lebzelter Franz Wibmer zu arbeiten begann. Nach dessen Tod wurde er Geschäftsführer und im Jahr 1818 heiratete er dessen Tochter Therese. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Die Söhne Ernst II. (1819-1884) und Conrad I. (1821-1883) setzten den Familienstammbaum fort, wobei jedoch der erstgenannte den Beruf des Apothekers erlernte und Pettau/Ptuj verließ, während der andere zu Hause blieb und das Familiengeschäft übernahm, das sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts noch um den Verkauf von Wein, weiteren landwirtschaftlichen Erzeugnissen und um Kreditgeschäfte erweiterte. Aus der Ehe von Conrad I. mit der Kärntnerin Theresia Isopp gingen fünf Kinder hervor, davon drei Söhne. Der älteste von Ihnen, Ernst III. der wahrscheinlichste Erbe des Familiengeschäfts, verstarb jung, kurz vor seinem 27. Geburtstag und einige Jahre vor seinem Vater. In den folgenden drei Jahren verstarben auch seine Witwe und seine beiden Töchter. Die Fortführung des Familiennamens lag somit auf den Schultern der beiden anderen Söhne. Der Gastwirt und Grundbesitzer Josef Fürst (1856-1923) war Vater zweier Töchter aus der Ehe mit Ludmilla Leskoschek. Hinsichtlich eines männlichen Nachkommens hatte sein Bruder und Erbe des Weingeschäfts Conrad II. (1852-1922), mehr Glück. In der Ehe mit Caroline Schwab, der Tochter eines ebenso reichen Pettauer Geschäftsmannes, hatten die beiden vier Söhne, die alle ihren Vater überlebten. Der älteste von Ihnen, Conrad III. (1877-1975), blieb in Pettau/Ptuj und konnte einige Jahre nach dem Tod seines Vaters einen Großteil von dessen hiesigen Besitztümern in sein Eigentum übernehmen. Der Zweitgeborene Paul (1878-1954), ging für einige Zeit ins ungarische Wieland/Villány, um die dortigen Weingüter und Geschäfte der Familie zu leiten. Der Weg des Dritten, Rene (1889-1937), führte in den böhmischen Kurort Marienbad/Mariánske Lázně, wo er eine Hoteliers-Tochter heiratete und Zeit seines Lebens als Arzt in einem der Hotels tätig war. Der leichtfertige und verschwenderische Lebensstil des jüngsten Sohnes, Ernst V. (1895-1962), machte eine Beschäftigung im Familiengeschäft unmöglich, es trieb ihn zum Bruder nach Böhmen.

         Von allen vier Söhnen hinterließen nur der älteste Conrad III. und Ernst V. männliche Nachkommen, Ernst V. hatte in der Ehe mit Erika Schneider im böhmischen Marienbad/Mariánske Lázně einen Sohn Peter. Conrad III., der in Pettau/Ptuj blieb, hatte neben einer Tochter Cary (1910-2011), noch zwei Söhne, Conrad IV. (1909-1945) und Walter (1919-2019). Der Ältere, Conrad, verstarb Ende Januar 1945 beim Abzug der deutschen Armee aus der Sowjetunion in einem kleinen polnischen Ort und hinterließ keine Kinder. Walter verließ Pettau/Ptuj zu Kriegsende in Richtung Österreich, wo er zwei Töchter und einen Sohn, Gerhart Conrad hatte. Dessen Sohn Jakob Conrad sowie Ferdinand, der Enkel von Peter Fürst, beide in Graz geboren, sind gegenwärtige männliche Vertreter der Familie Fürst in siebenter Generation.

       (aus dem Buch Dejan Zadravec: Familie Fürst, Pettauer Bürger und Weingroßhändler in fünf Generationen)

Foto 1: vor dem Fürsthaus in Zentrum von Pettau/Ptuj hat Mag. Gerhart Conrad Fürst schon auf uns gewartet.
Foto 2: Mit Gläsern in der Hand hat uns Gerhart Fürst die Geschichte der Familie Fürst in Pettau/Ptuj erklärt,
Foto3: Werbeplakat für Fürst Weine vom Weingut-Eigenbau in Jeruzalem
Foto 4: Ein Ausstellungsraum
Foto 5: Sehr interessanter Stammbaum der Familie Fürst
Foto 6. Die Geschichte des Fürst-Hauses in Zentrum der Stadt

Foto 1: vor dem Fürsthaus in Zentrum von Pettau/Ptuj hat Mag. Gerhart Conrad Fürst schon auf uns gewartet.
Foto 2: Mit Gläsern in der Hand hat uns Gerhart Fürst die Geschichte der Familie Fürst in Pettau/Ptuj erklärt,
Foto3: Werbeplakat für Fürst Weine vom Weingut-Eigenbau in Jeruzalem
Foto 4: Ein Ausstellungsraum
Foto 5: Sehr interessanter Stammbaum der Familie Fürst
Foto 6. Die Geschichte des Fürst-Hauses in Zentrum der Stadt

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