Österreichisches schwarzes Kreuz

Die Seemannskirche in Pola/Pula von der Straßenseite

   Mit der österreichischen Organisation Schwarzes Kreuz, die sich um Soldatenfriedhöfe kümmert, unternahmen wir eine mehrtägige Reise durch Kroatien. Wir wanderten auf den Spuren der ehemaligen Marine der österreichisch-ungarischen Monarchie, als diese noch eine starke Seemacht war und über eine große und bedeutende Flotte verfügte.

     Damals beschloss man, die gesamte Marine von Venedig in ein sichereres Gebiet zu verlegen, und wählte das Fischerdorf Pola/Pula das damals nur 900 Einwohner hatte, und vor allem die idealen Buchten für den langfristigen Ausbau der Marine. Mit dem Bau von Anlagen, Kriegsschiffen und vor allem einer großen Anzahl von Matrosen und Admiralität wuchs Pola schnell und hatte zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs der österreichisch-ungarischen Monarchie 60.000 Einwohner, heute sind es 55.000.

     Zuerst besuchten wir die Marinekirche “Madonna vom Meer” in Pola/Pula der Anblick ist auch heute noch etwas Besonderes, umgeben von Rasenflächen, Bäumen, Steintreppen zur Seewerft, aus weißen Naturstein aus Brioni und rotem Marmor aus Portola und Brtonigla. Ein besonderes Merkmal des Äußeren der Kirche sind die Steinsäulen am Eingang, die als Seemannsknoten “umwickelt” sind. Der Grundstein für die Kirche wurde 1891 in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph I. von Österreich gelegt. In der Kirche selbst ist die Widmung von Kaiser Franz Joseph I. in rotem Marmor eingemeißelt, zum ehrenden Gedenken an die Marineoffiziere und -mannschaften der K.u.K-Marine. Die Einweihung der Kirche fand 1898 statt und der Bau wurde von Kaiser Franz Joseph I. persönlich überwacht. Es gibt eine Anekdote, dass der Kaiser mit seinen Fingern an der Säule kratzte und auf die Frage, was er da tue, sagte: “Ich kratze, um zu sehen, ob unter den Oberfläche Gold ist, denn diese Kirche hat mich so viel gekostet, als wäre alles aus Gold”.

    Der Gottesdienst, der vom Militärpfarrer Dr. Christian Thomas Rachlé geleitet wurde, war eigentlich eine Geschichtsstunde, denn wir erfuhren die gesamte Geschichte der Marine der österreichisch-ungarischen Monarchie. Nach der Messe besuchten wir den nahe gelegenen Militärfriedhof, der seit 1862 ein Marinefriedhof ist und jetzt in einen Park umgewandelt wurde. Von der Straße aus nicht zu erkennen, ist der Park ein großer Friedhof, auf dem in der ersten Abteilung Marineoffiziere und Kapitäne aus 14 Nationen, die in der Marine gedient haben, begraben sind. Heute stehen am Eingang neue Gedenktafeln für jede Nation in der jeweiligen Landessprache. Erst jetzt, wo wir auf dem Friedhof sind, wird uns bewusst, dass es sich nicht nur um die österreichische Marine handelte, sondern um viel mehr, da Seeleute aus vielen Nationen in ihr dienten, und ihnen allen ist der Friedhof nun gewidmet. Das österreichische Schwarze Kreuz als Hüter vieler Soldatengräber restauriert und pflegt diese nach und nach und hält die Erinnerung an gefallene und verstorbene Matrosen durch Besuche und Gedenkfeiern wie die unsere war. Mit einer kurzen Zeremonie und einer Kranzniederlegung gedachten wir aller Toten, den Gefallenen, den in den Fluten Verschollenen und den Ermordeten. “Das Gedenken an unsere toten Soldaten, unsere Kameraden, die nicht mehr unter uns sind, ist Pflicht jeden Soldaten, aber auch jedem anderen, denn sie starben für eine bessere Zukunft für uns”, sagte Oberst a.D. Dieter Allesch, der uns auf diesem Gedenktag durch heute kroatische Marine fuhr.

    Es folgte eine Reise mit dem Bus zu den militärischen Gebäuden in Pola aus der Zeit der österreichisch-ungarischen Marine, vom Hauptquartier der Marine und der Admiralität entlang der Uferpromenade über die Kadettenschule, die dank ihrer herausragenden Fassade auch heute noch ein wunderschönes Gebäude ist, bis hin zu dem großen prächtigen Gebäude, das als Kasino bekannt ist und in dem sich damals das gesellschaftliche Leben abspielte. Wir beendeten unseren Rundgang an der Strandpromenade, gegenüber dem Grand Hotel Riviera. Baubeginn war 1908 und ein Jahr später schon eingeweiht. Viele Jahre lang war Grand Hotel Riviera das größte und luxuriöseste Hotel in Pola/Pula Auch heute noch ist es das Zentrum großer Veranstaltungen, da es direkt neben der Arena von Pola/Pula liegt.

     Am nächsten Tag besuchten wir frühmorgens das Amphitheater und das Zentrum, die Altstadt von Pola/Pula, die man, auch wegen der typischen engen Gassen der Küstenregion, nur zu Fuß besichtigen kann. Beeindruckt waren wir von der Touristen Leiterin im Amphitheater von Pola/Pula, die uns das frühere Leben in der Arena, die Gladiatoren und die Zuschauer sehr lebendig darstellte. Wir konnten uns so vorstellen, wie 28.000 Zuschauer in der Arena die Spiele und die Getränke genossen, als die Reichen sich für den Hunger und harte Arbeit durch das ganze Jahr auf so billige Weise revanchierten. Da man damals nicht viel Wert auf Körperhygiene legte, wurde in einer Rinne am oberen Rand des Amphitheaters nach Lavendel duftendes Wasser abgelassen, das der Wind wie einen Nebel über die Zuschauer verteilte und sie gleichzeitig kühlte.

     Besonders freuten wir uns auf die nachmittägliche Besichtigung der vielgepriesenen 14 Brioni-Inseln. Aber offensichtlich waren die Erwartungen zu hoch. Nur die größte Insel, die Große Brioni, kann besichtigt werden. Die meisten Gebäude auf der größten Insel, die in der österreichisch-ungarischen Zeit erbaut wurden, sind heute sehr vernachlässigt und unbrauchbar, obwohl sie ein Luxusresort hätten sein können.

    Lange Zeit war der Brioni-Archipel wegen der Malaria uninteressant. Der österreichische Eisenmagnat Paul Kupelwieser, der die Inselgruppe Brioni 1893 kaufte, überwand mit Hilfe des Mikrobiologen Robert Koch bereits 1902 die Malariaepidemie und baute auf Brioni ein elitäres Tourismuszentrum mit Hotels, Sport- und anderen Einrichtungen. Außerdem wurde eine Wasserleitung von der Küste-Fažana nach Brioni verlegt. Der Hotelkomplex mit über dreihundert Zimmern, einem beheizten Meerwasserschwimmbad und einem Golfplatz mit 18 Löchern wurde jedoch vom Ersten Weltkrieg überrascht, als er 1913 fertig gestellt wurde. Brioni wurden so erneut zu einer militärischen Verteidigungslinie. Nach dem Ersten Weltkrieg gehörten ganz Istrien, einschließlich die 14 Insel Brioni, zu Italien, aber Brioni blieben im Privatbesitz der Firma Kupelwieser und wurden erneut zu einem mondänem Tourismuszentrum. Während des Zweiten Weltkriegs wechselten die Insel Brioni mehrmals die Eigentümer, besser verschiedene Armeen nacheinander. Nach 1945 wurden Brioni zum militärischen Sperrgebiet, da sie zur Sommerresidenz von Marschall Tito wurden; wo Tito viele Politiker, Könige und Filmstars empfing.

     Selbst der einst weltbekannte Titos Zoo wirkt heute eher trist, denn diese Tiere kann man auf jedem Bauernhof sehen. Nur der Elefant ist auch heute noch eine Attraktion. Auf dem großen 18-Loch-Golfplatz haben wir keinen einzigen Golfer gesehen, und wir haben auch nicht alle drei Luxusvillen von Tito gesehen, weil sie immer noch ein besonders geschütztes Gebiet sind. Die Weiße Villa konnten wir nur auf den Bildern im Museum sehen, wo Titos Leben und die Besuche verschiedener Politiker und Prominenter auf den Brioni gezeigt wird.

    Am vierten und letzten Tag in Kroatien, einem Montag, wurden wir, auf ein kroatisches militärisches Schiff eingeladen, um Pola/Pula auch vom Meer aus zu sehen und all die vielen Marineeinrichtungen, die entlang der Küste verteilt sind und vom Land aus nicht zu sehen sind, vom Meer aus zu betrachten. Diese Tour war auch eine Gedenkfahrt, denn wir haben auf offener See einen Kranz ins Meer geworfen, zum Gedenken an das 1918 in der Bucht von Pola/Pula gesprengte Kriegsschiff Viribus Unitis.

     Das Schlachtschiff Viribus Unitis (“mit gemeinsamer Kraft”, ein Zitat von Kaiser Franz Joseph I.) lief am 20. Juni 1911 in Triest als Admiralsschiff vom Stapel, der Stolz der österreichisch-ungarischen Marine. Mit diesem Schiff wurden auch die sterblichen Überreste des Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Frau nach dem Attentat von Sarajewo (28.6.1914) auf dem Seeweg nach Triest gebracht.
Das Schicksal des Untergangs dieses Schiffes ist ein wenig seltsam. Noch vor dem offiziellen Ende des Ersten Weltkriegs (am 3.11.1918) übergab das Marinekommando in Pula/Pula auf Befehl des damaligen Kaisers Karl I. schon am 31. Oktober 1918 die gesamte österreichische Marine – Schiffe und Einrichtungen – an den neu gegründeten SHS-Staat. Das Schlachtschiff Viribus Unitis sollte im Königreich Jugoslawien, damals noch SHS, mit Namen Jugoslawien umbenannt werden. Der österreichische Kommandant des Schiffes, Janko Vuković-Podkapelski, blieb Kapitän des nun kroatischen Schlachtschiffes. Doch noch in derselben Nacht, am 1. November 1918, brachten zwei italienische Taucher Sprengstoff an Unterwasserteil des Schlachtschiffs an, und in den frühen Morgenstunden sank das Schiff bei einer Explosion, zusammen mit 400 Matrosen und dem Kapitän, der nicht einmal einen Tag der kroatischen Marine diente. Italien, der Sieger des Ersten Weltkriegs, wollte keine neue mächtige Marine in der Adria.

     Mit zwei Kreisen um den Kranz, die die militärischen Vertreter Österreichs und Kroatiens grüßten, gedachten wir des Ereignisses am Ende des Ersten Weltkriegs, was die kroatische und die österreichische Marine noch heute verbindet. Leider wissen nur sehr wenige Menschen von diesem militärischen Ereignis am Ende des Ersten Weltkriegs, obwohl eine Gedenktafel am Kai an der Küste von Pula daran erinnert.

Text und Fotos von Jan SCHALLER

Eingang zur Seemannskirche mit den Wachen in altösterreichischen Uniformen, im Hintergrund eine Säule – ein Seemannsknoten in Stein
Gedenktafel in drei Sprachen auf dem Soldatenfriedhof in Pola/Pula
Altösterreichische Garde bei neuem Ehrenmal auf dem Soldatenfriedhof
Verfasser des Textes vor dem Amphitheater von Pola/Pula
Informationstafel der Brioni-Inseln
Das berühmteste Bild, wie das Kriegsschiff Viribus Unitis gesunken sein soll

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Redakteur: Jan Schaller
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